Samstag, 22. März 2014

Tod und Wiedergeburt, und das Jenseits überhaupt

Es muß am Frühlingsequniox liegen das diverse hellenistische Blogs gleichzeitig über die Idee der Wiedergeburt und der Unterwelt schreiben. Also dachte ich mit einem tiefen seufzen, das ich das auch gern tue, jedoch wird das bei einem kleinen Einstieg erst mal bleiben. Den Gedanken hierzu hege ich schon länger, aber die Vorstellung der Seelenwanderung oder Reinkarnation hat zwar auch, und zwar eigene, Wurzeln und Ursprünge im alten Greichenland zu unterschiedlichen Zeiten, aber es war nie Teil der öffentlichen Religion, noch hatte es da eine besondere Bedeutung was nun mit einem genau passiert, wenn man stirbt.

Insofern bleibt mir hier v.a. eins zu sagen: Was genau mit einem passiert, wenn man stirbt ist für die Religionsausübung ohne Belang. Der gelebte Ethos bezieht sich v.a. auf das Jetzt und das Miteinander im Diesseits.
Es ist im hellenistischen Kontext undenkbar, das sich jemand hinstellen könnte und einem eine Lebensweise aufzwinget mit der Drohung einer Hölle, oder gar ewiger Verdammnis. Es gibt viele Überschneidungen beim Ethos mit christlichen Prinzipien, das dürfte einigen aufallen, aber die Konsequenz daraus ist eine eigene. Ethos ist etwas freiwiliges, gern gebrachtes aufgrund der Hingabe an das was der Hellenist als göttlich erlebt und er will dem nahe sein. Er fürchtet keine Strafen im Jenseits, allenfalls im Jetzt oder als Konsequenz aus seinem Tun für seine Familie, seine Gemeinschaft und seine ganze Sippe um es altbacken auszudrücken. Viele Mythen beziehen sich darauf wie spätere Generationen wegen dem Tun der Vorväter leiden müssen, und das gilt es zu vermeiden. Das ist sogar reichlich aktuell. Ob man sich nun tatsächlich eigenständig wirkende Götter vorstellt oder die komplexen Zusammenhänge und gegenseitigen Wirkungen in der Welt erkennt versteht mit einem Schaudern, wie sehr unser heutiges Tun das Leben der Folgenden beeinflussen wird. Auch was das psychische Erbe ganzer Völker angeht, kann man eine derartige Beeinflussung plötzlich nicht mehr abstreiten, wenn bei öffentlichen Diskussionen mit einemal Bezug genommen wird auf Vorkommnisse, die mehr als hundert Jahre her sind.
Nichts geht vergessen. Nicht von der Welt selbst.
Das ist ein kurzes Abschweifen um ausdrücken zu wollen, warum die Beschäftigung mit dem Jenseits absolut keine Rolle in der öffentlichen Religion spielt und auch für heutige Hellenisten eher weniger. Ebenso wurde auch der Herr der Unterwelt, Hades, eher weniger verehrt, denn mehr gefürchtet und verhasst, denn es hieß ja, er lässt keinen mehr gehen, der einmal in seinem Reich war.

Nun muß ich nochmal extra erwähnen, das ich einen buddhistischen Hintergrund habe, der für mich eine Art Wiedergeburt zu einer Tatsache werden lässt. Aber bevor es dazu kam, habe ich mich jahrelang nur mit den griechischen Vorstellungen in den Mysterien beschäftigt.
Hier ist auch das Thema hauptsächlich beheimatet: in den Mysterien der Antike, v.a. in der des Orpheus und der Persephone sowie in den Philosophien der Pythagoreer, des Plato, Pindar und schließlich des Sokrates.
Die ältesten Überlieferungen bzgl. hellenistischer Ideen von Seeelnwanderung ist die des Pythagoras und des Orpheus. Orpheus hat dabei die für mich interessante Verbindung zu seinem Mythos, in dem er versuchte seine tote Gattin Eurydike wieder aus der Unterwelt herauf zu holen. Mit seinem magischen Gesang konnte er auf seinem Weg zum Hades alle Monster besänftigen und bewegte die Unterweltgötter selbst sie frei zu lassen, versagte jedoch bei der Aufgabe sich nicht umzu drehen um nach ihr zu sehen. Daraufhin heißt es alsweilen wäre er zu dem tragischen Gelehrten geworden und hätte die orphsichen Mysterien mitbegründet.
Inwiefern es da wirklich einen Zusammenhang gibt, lass ich mal dahin gestellt, denn bei dem Thema Mysterien und Unterweltmythen geht es schnell, das man sich nicht nur mit esoterischen Themen beschäftigt, sondern auch mit den zahlreichen philologischen Schriften zu dem Thema, die eine solche Reise auch oft mit dem Schamanismus in Verbindung setzen, der in seinen jeweiligen indigenen Ländern ähnliche Geschichten prägt.
Fakt ist: außerhalb der Mysterien ist Seelenwanderung kein Thema. Es heißt wenn der Mensch stirbt, geht sein Schatten in die Unterwelt wo er ein eher bewußtloses Dasein fristet. Häufig wird erwähnt das käme dadurch das er seinen Durst am Fluß Lethe = das Vergessen, stillt und damit vergisst was und wer er war. Lethe ist daher auch ein Thema bei den Mystereien und Philosophen.
Die meisten ehemaligen Menschen fristen so ihr jenseitiges Dasein. Die "Glücklichsten" sind hier eher die, die nichts zu verlieren hatten, denn jeder ist hier gleich.

Die Hölle an sich gab es nicht. Vorstellungen, die einer Hölle gleich kommen, sind die des Tartaros, in dem die gestürzten Götter fest gehalten werden und einige wenig, ausnahmslose menschliche Übeltäter, bestraft werden. Ihre Übeltaten haben sie deshalb hierher gebracht, da sie nicht nur häufig verbrecherisch waren sondern universelle Prinzipien und göttliche Gesetze, willkürlich und oft wiederholt verletzt haben und vor allem persönlich die Götter zutiefst verärgert wenn nicht gar entsetzten. Sie sind daher auch beispielhaft für menschliche Untugenden und zutiefst gefährliche Neigungen, die es absolut zu vermeiden gilt.
Wer mehr dazuwissen will, ich schreibe dazu ein andermal mehr, aber vorher kann man auch dazu googlen. Die berühmtesten sind Sisyphos, Tantalos, Ixion und die Danaiden.

Die Vorstellung eines Paradieses, des Elysiums, kam später und wohl durch die Mysterien auf. In manchen philosophischen Richtungen gibt es das eher nicht, hier wird die Befreiung der Seele als ein Aufgehen in dem Gott interpretiert.
Ansonsten steht das Versprechen des Elysiums im direkten Zusammenhang mit der Einweihung in die Mysterien des Orpheus oder der Persephone. Wenn man weiß, das dies kein Geheimkult war, sondern vor allem in Eleusis, (fast) jedem zugänglich, wird die Feststellung das das Jenseits kein Thema der Religion war, fragwürdig. Dennoch muß ich und andere auch bei dieser Unterscheidung verbleiben, denn es ist hier der indivudelle Zugang der jeweiligen Person, des oder der Eingeweihten, zu seinen Göttern Thema und nicht die Religion an sich.

Vor allem die eleusischen Mysterien waren eng verbunden mit dem Versprechen des "Paradieses" und sie sind eng verbunden mit dem Element des "Schauens" der Jungfrau Persephone, die wie es hieß, am Ende der Mysterien den Epopten (die mindestes dreimal teilgenommen hatten) erscheint.
Wer dies nicht erleben durfte, muß im Schattenreich später verbleiben. Wiedergeburt wird hier nicht explizit erwähnt, sondern wird eher von manchen Autoren, wissenschaftlich sowie esoterisch, hergeleitet, da das ganze Thema der Persephone mit dem Kreislauf der Jahreszeiten u.a. zu tun hat, sowie mit der Notwendigkeit das jene, und damit wohl auch andere, immer wieder zurück kehren muß in die Unterwelt.

Später entstanden dann Ideen, das jene die im Elysium verweilen, sich auch bewußt eine Wiedergeburt wünschen können. Wenn sie dreimal zurück gekehrt sind, können sie dann auf die Insel der Seligen. Diese Insel ist mit einer anderen Art Vorstellung des Paradieses verbunden. Sie ist nicht Teil der Unterwelt, sonder liegt im Westen jenseits des Okeanos, und damit außerhalb der Welt.
Die Insel der Seligen wurde auch Sitz der toten Heroen, die ursprünglich auch im Hades verortet wurden mit einigen wenigen Ausnahmen, die vergöttlicht auf den Olymp gelangten, wie Herakles oder Semele, die von Dionysos dorthin gebracht wurde.

Eine echte oder gar offizielle Lehre der Wiedergeburt die für alle bestimmt ist, findet sich explizit hier nicht. Diese wurde wirklich immer mehr in den Philosophien entwickelt, die später auch Einfluß gewannen im Rahmen der u.a. greco-buddhistischen Kultur und anderen Vorstellungen, die sich eher in westlichen Philosophien breit machten, hier aber immer (noch) Teil eher esoterischen Richtungen blieben.

Meine persönliche Meinung ist die,  das die Menschen sich früher wirklich so sehr dem göttlichen Wirken verbunden fühlten, das eine explizite individuelle Auseinandersetzung auch gar nicht nötig war. Die Mysterien von Eleusis gab es wahrscheinlich zweitausend Jahre (siehe Kerenyis Buch dazu...), sie sind damit wahrscheinlich eine der ältesten überhaupt zusammen mit anderen Mysterien, in denen es immer von Bedeutung war das v..a im Empfindungsbereich des Teilnehmers eine Veränderung stattfindet. Ekstase und göttliche Besessenheit waren z.B. teil des Mysterien der Kybele und des Dionysos. Die tatsächlich empfundene Verbindung zu diesen Kräften, die nie sterben, sondern anderfalls "unsichtbar" zeiweise werden, könnten völlig genügen, um einen ohne Angst vor dem Tod tagtäglich leben zu lassen. Eine derartige Verbindung ist allerdings auch mit dem Verlust der Individualität verbunden. Und in wissenschaftlichen Büchern über die Entwicklung der Dichtung im alten Griechenland fiel mir auf, das die Wahrnehmung des Ich, immer mehr Thema wurde und dort als Errungenschaft der Menschen beschrieben wird.

Genau hier seh ich aber das Grundproblem, wo witzigerweise dann der Buddhismus ansetzt. Hier gibt es kein ewiges Ich, das wandert und wird dann gern mißverstanden als Seelenwanderung. Es gibt ein Bewußtsein, das wandert und während die Schatten die im Hades verbleiben, keines mehr haben, hab ich nicht mal einen Widerspruch zwischen diese zwei Welten.
Stattdessen sehe ich wie die antiken Orphiker das Hauptproblem darin, der Begierde nach Sättigung folgen zu müssen wenn ich diesen in der Lethe stille und damit alles vergesse. Hier heißt es, man soll diesen überwinden und bis zu den Göttern vortreten um dann zu bitten aus der Quelle der Mnemosyne zu trinken: der Göttin der Erinnerung.
Natürlich ist das ein Bild und ich glaube nicht, das das Jenseits auch so aussieht. Aber das ist mit allen mythischen Beschreibungen so. Mir ist das folgende wichtig: es gilt niedrigen Bedürfnissen nicht zu folgen, wenn man stirbt was köperlos offenbar weitaus schwieriger ist, als noch lebend. Insofern ist das Leben wichtig, sich neben einem anständigen Leben sich auch darin zu üben immer wieder Askese zu leben und Körper, Geist und Seele zu reinigen. Reingung ist ein Thema, was sich daher auch in den alten Mysterien als zentrales Element zeigt und das ist es auch in den heutigen, wenn man sie so nennen will, esoterischen und mystischen Traditionen so

So lange wie dieses posting ist, so kurz ist der Einstieg eigentlich nur.
Hier die blogeinträge, die mich dazu inspiriert haben:
http://www.chrisaldridge.net/2014/03/why-cant-we-remember-past-live-one-of.html
http://baringtheaegis.blogspot.nl/2014/03/on-reincarnation-and-metempsychosis.html

Wenn jemand will, kann ich dazu gern mal mehr und detaillierter schreiben. Es gibt einige Bücher in meinem Regal, die ich dazu gelesen habe und leider gab es mal viele webseiten, die es nur leider jetzt nicht mehr gibt, aber ich hoffe dem neugierigen finden sich neue. nur was die Philosophen explizit angeht, müsst ich weiter verweisen. Mein Ding ist und war immer mehr die Mythen, die die Mysterien betreffen und damit der bildliche Zugang zu den Prozessen der Seele an sich.



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